14 wunderbare Caminhotage durfte ich auf dem Caminho Portugues erleben. Aber auch der schönste Pilgerweg endet einmal. Dieser Pilgerweg war nun ein schöner Teil meines Lebensweges, der mich um einige Erlebnisse und Freunde reicher gemacht hatte. Gegen 9:30 Uhr wurden die Sachen gepackt und gegen 10:00 Uhr verliesen Vroni, Laura und ich unsere Herberge "O Fogar de Teodomiro". Ein letztes Mal frühstückten wir mit Christiane in einer angrenzenden Bar, bevor es dann zur 1,5 km entfernten Busstation ging. Nur Lara blieb noch eine Woche länger in Spanien. Sie würde am nächsten Tag zum Cap Finesterre aufbrechen. Später erhielt ich wunderschöne Fotos vom Sonnenuntergang am Cap Finesterre (s. unten) von ihr.
Pünktlich um 12:00 Uhr ging es für Christiane, Vroni um mich mit dem Bus zurück nach Porto. Beim Flughafen verabschiedeten Vroni und ich uns noch einmal herzlich von Christiane, die noch einen Tag in Porto verbringen wollte. Gegen 15:00 Uhr blieben dann nur noch Vroni und ich auf dem Flughafen von unserer einst großen Pilgerschar übrig. Mit Vroni hatte ich die meiste Zeit auf dem Caminho verbracht. Wir legten an den 12 Tagen die gleichen Pilgerstrecken zurück und quatierten uns in den gleichen Herbergen ein. Häufig gingen wir gemeinsam und unterhielten uns über Gott und die Welt. Nun hieß es aber auch für uns Abschied zu nehmen. Vronis Flieger ging um 19:20 Uhr nach Nürnberg, meiner startete ca. eine Stunde früher nach Amsterdam. Eine letzte Umarmung und ich verließ meine mir lieb gewordene (Pilger-) Freundin. Sicherlich wird es ein Wiedersehen auf einem Nachtreffen oder bei einem neuen Abendteuer auf einem der Caminos dieser Welt geben, dennoch war mit diesem Abschied der Caminho Portugues für dieses Jahr endgültig beendet.
Extremer Schnarch- und Straßenlärm verhinderte eine ruhige Nacht. Gegen Morgen wurde es ein wenig ruhiger. Da wir ja nicht auf Pilgerpiste mussten, konnten wir dann ein wenig länger schlafen. Gegen 10:00 Uhr machten wir uns mit unseren Pilgerausweisen auf dem Weg zur Ausgabestelle für die Pilgerurkunde "La Compostela". Wer aus religiösen oder spirituellen Gründen mehr als 100 km zu Fuß auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela gegangen ist, kann diese Urkunde bekommen. Im Pilgerausweis hatten wir uns mit Stempeln aus den Herbergen und Bars unseren ca. 250 km langen Weg von Porto nach Santiago bescheinigen lassen. Ohne Probleme bekamen wir somit unsere "Compostela" ausgehändigt. Zu unserer großen Freude lief uns Lara, die argentinische Holländerin, in der Ausgabestelle über den Weg. Ihre Schienbeinentzündung hatte sie gerade ankommen lassen. Wir gratulierten und umarmten sie herzlich für diese tolle Leistung. Sie holte sich noch schnell ihre "Compostela", quatierte sich in unsere Herberge ein (trotz des Hawaianers) und ging dann mit uns zum Gottesdienst. Die Kirche war voller Pilger und gemeinsam lauschte man den Worten des Priesters und dem Gesang der Nonne. Das gemeinsame Pilgern schafft auch eine Verbundenheit im Gottesdienst. Erfreulicherweise wurde zum Ende des Gottesdienstes auch das ca. 1,5 m große Botafumeiro (Weihrauchfass) geschwungen (siehe Video).
Dieses war ein weiteres Teilchen, welches diesen Pilgerweg zu einen meiner besten werden lies. Das gute Wetter, der tolle Weg und die vielen netten Pilgerfreunde, allen voran Vroni und Laura, waren weitere Teile eines perfekten Pilgerweges. Nach dem Gottesdienst schauten wir uns natürlich die Kathedrale noch ein wenig genauer an. Zur großen Jakobusstatue gelangten wir über eine Treppe. Wie viele andere Pilger auch, umarmten wir die Statue des Apostels Jakobus zum Abschluss unserer Weges. Am Reliquienschrein des heiligen Jakobus (s. Foto unten) sprach ich ein Gebet für meine Familie und meine Freunde. Da es in der Kirche durchaus kühl war, wärmten wir uns im Anschluss auf den Steinen vor der Kathedrale und beobachteten das Treiben der ankommenden Pilger. Unser Mittagessen nahmen Vroni, Lara und ich dann im stadtnahen Park bei hochsommerlichen Temperaturen ein. In einem kleinen Geschäft besorgten wir uns Oliven, Käse, Tomaten, Brot und Getränke für ein tolles kleines Picknick. Gegen 15:00 Uhr suchten wir dann meine Lieblingsbar auf. Sie ist wie schon beschrieben auf dem hinteren Platz der Kathedrale beim "Heiligen Tor". Während eines kühlen Panaches fertigte unsere zukünftige Architektin Lara eine sehr schöne Zeichnung dieses Platzes an. Bei meinen letzten Caminos fanden in den Sommermonaten auf diesem Platz zudem tolle Kleinkunstvorführungen statt. Den weiteren Nachmittag verbrachten wir dann mit Souvenireinkäufen und einer weiteren kleinen Pause in einem Cafe, um die vorzügliche spanische Spezialität "Churro" (Waffelgebäck) mit einer leckeren flüssigen Schokolade zu verköstigen. Gegen 18:00 Uhr kehrten wir dann zu unserer Herberge zurück, um uns von den "großen" Anstrengungen des Nichtstuns auszuruhen ;-) Um 19:30 Uhr trafen wir uns mit unseren Pilgerfreunden in einer Taparia zu kleinen spanischen Köstlichkeiten, wie Pulpo, Gambas, Tortilla. Im Anschluss besorgten wir (Christian, Dirk, Michael, Angelika, Vroni, Christiane, Lara und ich) uns 2 Liter Wein und 2 Liter Bier und gingen zum Platz "Do Obreiro". Mit fröhlicher Musik einer galicischen Folkloregruppe wurden wir empfangen. Perfekt!!! Wir tanzten und sangen. Lara wurde ein Umhang umgelegt und von einem Musiker zum Tanz aufgefordert (s. Foto). Kann eine Camino fröhlicher und perfekter ausklingen? Ich denke nicht! Zwischendurch zog ich mich zurück, setzte mich auf den warmen Steinen, lauschte der Musik und genoss den Anblick der Kathedrale. Ein wenig Wehmut machte sich breit, der Camino ging dem Ende entgegen. Meine treue Begleiterin Vroni setzte sich zu mir und wir stießen mit einem letzten Gläschen Wein auf unseren tollen Camino an. Keiner wollte zurück zur Herberge, denn jeder wusste um die baldige Trennung. Nachdem die Musiker eingepackt hatten, ging es weiter in eine schöne Bar. Mit Caipirinha und Whisky wollten wir die Nacht zum Tage machen. Aber irgendwann ist auch der schönste Abend zu Ende. Eine letzte Umarmung und unsere Pilgerfreunde Dirk und Christian verabschiedeten sich und gingen in ihre Herberge. Christiane, Vroni, Lara und ich gingen ebenfalls zu unseren Herbergen. Wir würden uns am nächsten Tag noch einmal zum Frühstück sehen, bevor sich auch unsere Wege trennen würden.
Endspurt!!! Nach einem kleinen Frühstück im Kloster machten wir uns auf dem Weg nach Santiago. Dirk, Christian, Christiane, Sarah 1 & 2 legten los wie die Feuerwehr. Bei der nächsten Bar in Padron trafen wir uns alle wieder. So ist es häufig auf dem Caminho. Man geht alleine oder in unterschiedlichen Grüppchen aber in den Pausen bei den Bars und in den Herbergen treffen sich dann alle Pilger wieder. Da Christian und Dirk sich noch ein wenig Padron anschauen wollten, blieben sie nun zurück. Auf halber Strecke forderte uns ein Schild auf DON'T STOP NOW. Nach einer kleinen Pause, wo wir auch Christiane und die beiden Sarahs wieder trafen, setzten wir zum Endspurt an! Kurz vor Santiago trafen Vroni und ich auf Michael und Angelika. Angelika hatte den entscheidenen Tipp, so dass wir uns 1,5 Kilometer sparten und den direkten Weg nach Santiago nahmen. Drei Kilometer vor dem Ziel wollten wir nur noch ankommen, denn die Vorfreude war riesig. Gegen 16:00 Uhr war es dann soweit. Michael, Angelika, Vroni und ich lagen uns in den Armen. Bei herrlichem Sonnenschein und blauen Himmel erreichten wir den Platz "do Obradoiro" vor der Kathedrale. Wir ließen uns auf dem warmen Steinboden fallen und jubelten unsere Freude heraus. Wie ich diesen Ort liebe!!! Es gibt nicht viel schöneres auf der Welt, als die friedliche Stimmung nach einem langen Weg auf dem Kathedralvorplatz in sich aufzusaugen. Nach und nach kamen weitere Pilgerfreunde hinzu. Erst der 69-jährige Albert aus den Niederlanden, dann Christiane und die beiden Sarahs.
v.l. Angelika, Michael, Vroni, Ali, Sarah 1 & 2, Christiane & Albert
Es wurde gratuliert und man lag sich gegenseitig in den Armen. Nach einer kleinen Bierpause in meiner Lieblingsbar auf dem Platz bei dem heiligen Tor (hinter der Kathedrale) gingen wir erneut zum Platz "do Obradoiro" und freuten uns über die Ankunft von Laura, Christian und Dirk. Jetzt fehlte nur noch die kleine Lara, die leider wegen einer Schienbeinentzündung einen Tag später eintreffen würde.
v.l. Dirk, Laura, Christian, Vroni, Ali
Gegen 18:00 Uhrsuchten wir dann jeweils unsere Herbergen auf.Natürlich verabredeten wir uns zum gemeinsamen Abendessen.Christian hatte einen guten Tipp, so dass einem tollen Abend in Santiago nichts entgegen stand. Als wir in unserer Herberge eintrafen, erwartete uns schon ein kräftiger Hawaianer mit Schnarchgarantie in unserem 4-Bett-Zimmer. Egal, schnell frisch gemacht und wieder raus in das pulsierende Santiago de Compostela. Im Restaurante Casa Manolo waren wir nun 12 Pilger, die sich aus Herbon kannten und schätzten. Es gab ein hervorragendes Pilgermenü für 9,50 €. Zudem wurde der Abend mit reichlich Wein und Bier gefeiert. Anschließend wurde in einer weiteren Bar weitergefeiert. Gegen 1:00 Uhr ging es dann zur Herberge. Oh Schreck, der Code für die Herbergstür funktionierte nicht. Wiederholt gab Vroni die verschiedenen Codes ein, aber die Tür wollte sich nicht öffnen lassen. Leider war mein Akku leer, so dass wir den gespeicherten Code nicht noch einmal nachlesen konnten. Wir gingen in eine Bar tranken ein Bier und wollten das Akku aufladen lassen. Keine Chance! Das Ladekabel des Wirts war defekt. Letzte Rettung war dann Christiane, die uns ihre Herberge öffnete und uns so, das Aufladen des Handys ermöglichte. Die Codenummer stimmte. Nachdem ich den Code noch einmal eingegeben hatte und ein wenig heftiger gegen Tür drückte öffnete sich diese ohne Probleme. Vroni war bei den vorherigen Versuchen wohl nach der langen Wanderung einfach nur zu schwach gewesen, um die Tür zu öffnen. Jetzt konnte einer ausgeruhten Nacht nichts entgegen stehen. Oder? Nein, als wir das Zimmer betraten, bretterte uns der Hawaianer durch sein Schnarchen fast wieder hinaus. Ich tippte ihn an und er drehte sich zur Seite. Kurzes durchatmen und dann legte der Hawaianer wieder los. Das konnte ja noch eine heitere Nacht werden!!!
Wie schön kann doch das Pilgern sein?! ;-) Nach dem eher tristen vorherigen Pilgertag folgte nun ein ganz besondererTag. Da das mögliche Etappenziel Padron nur 18 km betragen würde, beschlossen wir schon am Vorabend mit Christian und Dirk einen spirituellen Abstecher zum Kloster Herbon zu machen. Der Weg zu diesem Zielort hielt dabei ein ganz besonderes Highlight für Vroni und mich bereit. Als ich an einer kleinen Schule vorbeikam, rief Vroni mir zu, dass ich hinein kommen solle. Sie war vom Pädagogen der Schule angeprochen worden, ob sie den kleinen Vorschulkindern etwas aus ihrem Heimatland Deutschland(nicht Bayern ;-)) indeutscher Sprache erzählen könnte. Die Schule hat sich für die Pilger geöffnet und will seinen Schülern die vielfältigen Länder, Kulturen und Sprachen näher bringen. Das Bild von der Facebook-Seite (s. rechts) symbolisiert dieses "Öffnen" sehr gut. Durch ein offenens Fenster schauen die Vorschüler den vorbeikommenden Pilgern hinterher oder laden sie halt zu sich in den Unterricht ein. Auf der Facebook-Seite heißt es, "There are two ways to know the world: Traveling or meeting the travelers." Dieser Ansatz ist doch mal eine gute Idee. Jeden Tag kommen so Menschen aus der ganzen Welt in die Schule und die kleinen Vorschulkinder lernen so schon sehr früh die Vielfalt der verschiedenen Menschen unseres Planeten kennen. Als Grundschullehrerin freute sich Vroni natürlich besonders über die Einladung und erzählte den Kids einiges über uns in spanischer und deutscher Sprache. Gemeinsam trugen wir dann das Kinderlied "Auf der Mauer, auf der Lauer sitzt 'ne kleine Wanze..." vor. Als "Dankeschön" bekammen wir dann von den Kleinen ein Muscheln überreicht. Diese (Vor-)Schule war ein absolutes Highlicht für mich auf diesem Caminho.
Nach diesem tollen Erlebnis ging es mit mentaler Stärkung auf dem kleinen Umweg zum Franziskanerkloster in Herbon. Eskann nur insofern von einem UMWEG gesprochen werden, wenn wir dieses in Bezug setzen wollen, auf den ca. drei mehr gelaufenenKilometern auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Das Kloster war ja bewusst von uns gewählt worden, da wir uns noch eine kleine spirituelle Auszeit vor der Ankunft in Santiago gönnen wollten. Somit war dieser Weg absolut zielführend. Im Franziskanerkloster wurden wir von den Hospitaleros herzlich begrüßt. In einer kleinen Sitzecke wuchs unsere Pilgergruppe immer mehr zusammen. Mittlerweile zählte diese Gruppe 13 Pilger. Mit Vroni und Laura war ich gestartet. Dirk, Christian, Christiane und die beiden Sarahs hattenwir in den letzten Tagen schon häufiger getroffen und waren zu Pilgerfreunden geworden. Michael und Angelika, sowie Daniel und Sophie waren als Paare unterwegs und freuten sich wie wir über die gemeinsamen Gespräche und Treffen. Hinzu kam heute noch die kleine Holländerin Lara aus Argentinien, die in München studiert. Gemeinsam nahmen wir hier mit weiteren Pilgern an der Klosterführung, am Gottesdienst und dem gemeinschaftlichen Abendessen teil. Ein Spezialbrand aus Pimientos von Bruder Jose rundete diesen perfekten Tag ab.